Iss gut! 2015
Heiße Tipps und kalter Kaffee für Genießer

 

Auf der Iss gut in Leipzig wird Kaffeeröster und -sommelier Peter Dorndorf die Besucher mitnehmen in die Welt der Kaffeeröstungen und dabei alte Techniken wiederaufleben lassen. Die liegen ebenso im Trend wie kalter Kaffee.

VendingSpiegel, 20.10.2015 ‑ Beethoven hatte sein Syphon, Oma ihre Blümchenkanne und James Bond die coole Chemex. Sie alle liebten Brühkaffee - wie viele auch heute wieder. Alte Techniken werden in neuen, eleganten Formen zelebriert. Peter Dorndorf, Kaffeeröster und -sommelier aus Leipzig, kennt allein 14 Zubereitungsarten. Einige davon will der Betreiber der „Brühbar“ im Rahmen der Vorführungen „Kaffeekultur in der Gastronomie“ auf der Fachmesse Iss gut (1. bis 3. November 2015) am Sonntag und Montag, 1. / 2. November, jeweils um 10.30 Uhr vorstellen. Natürlich können die Besucher die verschiedenen Röstungen auch probieren.

 

 14 unterschiedliche Brühformen gehören zum Repertoire von Peter Dorndorf, jede davon lässt sich auf eine der beiden Grundmethoden zurückführen. „Bei der ersten wird das Wasser auf das Kaffeemehl gegossen oder getröpfelt. Für diese Zubereitungstechniken nutzt man meist Papierfilter, um Fette und Sedimente zurückzuhalten. Das Ergebnis ist ein klares Getränk, das feine Aromen besonders hervorhebt“, sagt Dorndorf. Angewendet werde das Verfahren zum Beispiel beim klassischen Handfilter aus geschmacksneutralem Porzellan: „Dazu bietet derzeit ausgerechnet die traditionelle Teetrinkernation Japan das beste Produkt. Der v60 von der Firma Hario verhindert mit hohem Neigungswinkel und großer Ausflussöffnung einen Stau des Kaffeeflusses und sorgt für frischen, fruchtigen Geschmack.“

Klar und aromatisch ist auch der Kaffee, der durch dicke Papierfilter in der Chemex gebrüht wird - passend zum schlicht-schönen Design dieser kultigen Glaskaraffe, die Kaffeezubereiter und Servierkanne in einem ist. Erfunden wurde die Chemex 1941 vom Chemiker Peter Schlumbohm. Begründet wurde ihr Ruhm durch die James-Bond-Filme der 1970er-Jahre und einen Platz im New Yorker Museum of Modern Art. Ein weiteres Beispiel für das „Pour Over“ genannte Verfahren ist die Karlsbader Kanne mit integriertem Porzellanfilter.

Bei der zweiten Methode, dem „Full-Immersion-Prinzip“, werden Kaffeemehl und Wasser komplett vermischt und ziehen gelassen, bevor schließlich der „Sat“" aus dem Getränk gefiltert wird. „Der so gebrühte Kaffee ist kräftig und vollmundig, hat viel Körper und zugleich klare Aromen“, erklärt der Leipziger Kaffee-Fachmann. Das bekannteste Beispiel dafür sei die Bodum French Press, Cafetière oder Stempelkanne, deren vergleichsweise grobes Metallsieb verhindert, dass Partikel und Öle aus dem Kaffee herausgefiltert werden. Ähnlich funktioniere das US-amerikanische Produkt Aerobie Aeropress aus Hartplastik.

„Das schönste Beispiel jedoch liefert wieder die japanische Firma Hario mit einem eleganten Glas-Syphon, in dem der Kaffee mittels Unterdruck in einem Glaskolben zubereitet wird. Nicht zuletzt wegen der komplizierten Reinigung ist das Brühen mit Syphon sehr aufwändig“, sagt Peter Dorndorf. „Doch es bietet eine tolle Show und ist bei Gästen heute nicht weniger beliebt als zu Beethovens Zeiten.“ Der große Komponist, so hört man sagen, habe eine Vorliebe für Syphon-Kaffee gehabt.

Zeitgleich mit dem Trend, die alten Kaffeezubereitungsarten neu zu zelebrieren, erscheint ein Phänomen, dass alles andere als „kalter Kaffee“ ist - obwohl es tatsächlich so heißt. Um Irrtümern vorzubeugen, nennt man es im deutschen Sprachraum besser „Cold Brew“ – „Kalt Gebrühter“. Peter Dorndorf erklärt die Zubereitung des neuen In-Getränks: „Für eine Kaltextraktion wird der gemahlene Kaffee in kaltem Wasser eingeweicht - etwa 60 Gramm auf 1,5 Liter - und viele Stunden im Kühlschrank gelagert, bevor er gefiltert und getrunken wird. Das Resultat ist ein süßlich schmeckender, likörig-cremiger Extrakt, den man pur oder verdünnt genießt.“ Eine verfeinerte Form mit noch kräftigerem Geschmack sei der „Cold Drip“. Dazu lasse man das kalte Wasser stundenlang und tröpfchenweise auf das Kaffeepulver wirken. „Die Extrakte beider Kaltverfahren geben nicht nur coole Drinks und Drink-Zutaten ab, sondern sind wegen ihrer intensiven Aromen auch hervorragend dazu geeignet, Fleisch und Soßen zu verfeinern“, sagt Peter Dorndorf.

In keiner anderen deutschen Region ist der Kaffee so früh und so tief in die Alltagskultur eingesickert wie in Sachsen - verdanken dessen Bewohner dem geliebten „Schälchen Heeßen“ doch sogar ihren Spitznamen: die Kaffeesachsen. Mit der Erfindung des europäischen Porzellans machten sie den Genuss des „Türkentranks“ hof- und salonfähig. Leipziger Kaffeehäuser wie das noch heute bestehende „Zum Arabischen Coffe Baum“ waren im 18. Jahrhundert nicht weniger berühmt als jene in Wien. In einem davon, dem Café Zimmermann, führte Thomaskantor Johann Sebastian Bach 1734 seine Kaffeekantate auf. Und schließlich war es eine sächsische Hausfrau, die 1908 den Kaffeefilter und damit den Filterkaffee erfand - Melitta Bentz aus Dresden.

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